Kinesio-Tapes: Wie wirkungsvoll ist der Taping-Trend?
Bei vielen Fußballern und anderen Profisportlern können Sie seit einigen Jahren bunte Klebestreifen auf verschiedenen Körperregionen entdecken. Dieser Trend ist keine Modeerscheinung, sondern hat einen medizinischen Hintergrund. Die sogenannten Kinesio-Tapes sollen die Heilung von Verletzungen aktiv unterstützen und dabei die Sportler, im Gegensatz zu Bandagen & Co., in ihrer Bewegungsfreiheit nicht einschränken.
Aber auch als Nicht-Sportler kann man diese Tapes zur Verletzungsbehandlung nutzen. Lesen Sie hier, wie Kinesio-Tapes wirken, bei welchen Beschwerden sie helfen können und wie sie anzuwenden sind.
Was sind Kinesio-Tapes?
Kinesio-Tapes sind bunte Pflasterstreifen aus Baumwollgewebe, die direkt auf die Haut, über oder um die Verletzung herum, geklebt werden. Je nach Hersteller heißen sie auch Physio-Tapes, Tape Original, K-Active-, Chiro-, Kinematic-, Pino- oder K-Tape. Bei dem Trägermaterial handelt es sich um Baumwollgewebe, welches mit Elastan-Fäden längs durchzogen ist. Darüber hinaus gibt es inzwischen auch meist für den Einsatz im Sportbereich empfohlene Tape-Varianten, bei denen ein Viskosematerial oder ein synthetisches Material anstatt Baumwolle verwendet wird.
Physiotherapeuten wenden Kinesio-Tapes gerne unterstützend neben Krankengymnastik und manueller Therapie an. Die Selbstheilung des Körpers und die Stützung von Muskeln und Gelenken sollen mit dem Tape aktiv angeregt werden. Bis zu sieben Tage lang halten die Streifen auf der Haut. Die Tapes wurden in den 1970er Jahren von dem japanischen Chiropraktiker und Akupunkteur Kenzo Kaze entwickelt. Der Name Kinesio-Tape leitet sich vom Begriff "Kinesiologie", der "Lehre von der Bewegung" ab. Die Heillehre Kinesiologie arbeitet mit gezielten Bewegungsabläufen, die dazu führen sollen, sowohl Körper als auch Geist zu heilen.
In Textur und Dicke sind die Tapes der menschlichen Haut ähnlich. Sie sind sehr elastisch und können bis auf die 1,4-fache Länge gedehnt werden. Diese Eigenschaft soll sie für die Anwendung vielseitiger machen als normale, stützende Tapeverbände aus der Medizin, welche die Bewegungsfreiheit einschränken können. Es gibt die Tapes in vielen verschiedenen Farben wie Pink, Türkis, Rot, Schwarz oder Grün. Einige Anwender und Therapeuten messen den Farben eine besondere Bedeutung bei der Heilung zu: Entsprechend der Farbenlehre soll beispielsweise Rot anregend und Blau kühlend wirken. Andere Therapeuten legen die Farbwahl in die Hände ihrer Patienten, je nachdem, mit welchen Farben sie sich wohlfühlen. Wer es nicht so auffällig mag, kann inzwischen auch zu hautfarbenen Varianten greifen. In der Praxis erfüllen die verschiedenen Farben häufig die Funktion, bei mehreren Lagen die unterschiedlichen Kleberichtungen zu erkennen.
Wie wirken die Physio-Tapes?
Eines vorab: Wirklich eindeutige, fundierte Studienergebnisse über eine positive Wirkung der Kinesio-Tapes gibt es bislang noch nicht. Gleichzeitig können Kritiker aber auch nicht von der Hand weisen, dass die Tapes die Heilung aktiv unterstützen können. Es gibt bereits viele positive und vor allem schnelle Heilungsergebnisse durch die Tapes, sowohl bei bekannten Leistungssportlern als auch bei anderen Patienten. Oft argumentieren die Kritiker mit dem Placebo-Effekt – dem reinen Glauben an eine Heilung. Wer von der Heilkraft eines Mittels überzeugt ist, dem kann dieses Mittel allein durch die Erwartung einer Heilung helfen, selbst wenn es sich um ein Placebo handelt. Diese selbstheilende Kraft unseres Geistes wurde hingegen bereits wissenschaftlich nachgewiesen.
Medizinisch versucht man die Wirkung des K-Taping wie folgt zu beschreiben: An den getapten Körperstellen steht die Haut unter Dauerspannung und wird leicht angehoben, wodurch Durchblutung und Lymphfluss im darunterliegenden Gewebe verbessert werden können. Der Körper könne Schäden so schneller reparieren und Schadstoffe abtransportieren, was dazu führen kann, dass die Haut weniger empfindlich reagiert und Schmerzen verringert werden. Zudem sei das Gewebe bei Bewegungen einer leichten Dauermassage unterzogen, was wiederum Durchblutung und Entschlackung anregen kann. Entzündungen und Schwellungen können schneller abklingen, der Druck auf das Gewebe sich verringern und damit auch die Schmerzen gemindert werden. Bereits nach wenigen Tagen können erste Heilerfolge zu verzeichnen sein.
Bei welchen Beschwerden können Kinesio-Tapes hilfreich sein?
Die Anwendungsgebiete der Kinesio-Tapes sind vielfältig. Vorrangig werden sie von Sportmedizinern verwendet, unter anderem zur Behandlung von Prellungen, Blutergüssen, Gelenkentzündungen, Verstauchungen, Verspannungen, Muskelverletzungen und Bänderrissen. Viele schwören auf die schnellen Heilerfolge mit den Tapes. Daher kann man bei Sportveranstaltungen, z. B. beim Fußball, des Öfteren Sportler entdecken, die mit den bunten Bändern beklebt sind.
Auch in anderen Gebieten kommen die Tapes zum Einsatz: Bei Gelenkarthrose, Migräne, Kopfschmerzen, Tinnitus, Frauenleiden oder Schwangerschaftsbeschwerden sollen die Klebestreifen, fachgerecht angewendet, überraschend schnell zur Genesung bzw. zumindest zur Linderung von Beschwerden beitragen.
Was ist bei der Anwendung der Tapes zu beachten?
Die Anwendung der Kinesio-Tapes ist eine komplexe Methode. Die Klebetechnik richtet sich nach der Art der Verletzungen oder nach den Beschwerden. Die Streifen können parallel zueinander oder gekreuzt übereinander auf der Verletzung angebracht oder y-förmig eingeschnitten und um die Verletzung herum gelegt werden, zum Beispiel bei Knieverletzungen. Bei Blutergüssen und Schwellungen werden die Streifen fächerförmig eingeschnitten und auf der verletzten Stelle aufgeklebt. Dabei lassen sie sich entweder leicht dehnen und auf den entspannten Muskel kleben oder direkt auf dem angespannten Muskel anbringen.
So entstehen laut Befürworter der Tapes auf unterschiedliche Weise die vielfältigen Anregungen und Massagen der Muskulatur durch das Klebeband. Experten unterscheiden hier in Muskel-, Korrektur-, Bindegewebs-, Bänder-, Lymph- oder Neuraltechniken – abhängig davon, welche Körperbereiche zur Heilung angeregt werden sollen.
Kann ich selbst tapen oder muss ich zum Arzt oder Physiotherapeuten?
Die komplexe Klebetechnik lässt zunächst vermuten, dass man sich nur vom Fachmann professionell tapen lassen kann. Physio- oder Ergotherapeuten, Masseure oder Heilpraktiker wissen über die anzuwendenden Techniken natürlich genau Bescheid und können ihre Patienten kompetent behandeln.
Bei gut erreichbaren und einfachen Blessuren, wie etwa leichten Knieschmerzen, Prellungen oder Verspannungen, können Sie das Kinesio-Tape hingegen durchaus auch selbst aufkleben. Ein Anleitungsbuch für Kinesiologie-Tapings, welches Sie im Fachhandel erwerben können, gibt klare Anweisungen, wie die Tapes anzubringen sind. Denn nur mit der richtigen Anwendung kann ein Heilungserfolg erzielt werden. Mithilfe eines Partners lassen sich selbst schwierige Regionen wie der Rücken oder die Wade gut bekleben.
Was muss ich beachten, wenn ich selbst tape?
Wichtig vorab: Wenn sich bei Ihnen innerhalb von ein paar Tagen keine Besserung einstellt oder Sie sich unwohl fühlen, sollten Sie sich zunächst vergewissern, dass das Tape richtig angebracht ist. Ist trotz korrekter Anwendung nach kurzer Zeit nicht eine minimale Verbesserung zu erkennen, empfiehlt es sich, einen Arzt zu konsultieren, denn dann liegen womöglich schwerwiegendere Verletzungen vor.
Für selbstständiges Tapen gibt es zum Anlegen und Entfernen ein paar Tipps:
- Die Haut sollte trocken, sauber und fettfrei sein.
- Bei starker Behaarung sollte rasiert werden.
- Die Tapestreifen sollten in einer Vorpositionierung angelegt werden.
- Durch Reiben muss der wärmeempfindliche Kleber aktiviert werden.
- Die Enden sollten zur besseren Haftung abgerundet werden.
- Vorgedehnte Streifen können verstärkt Hautirritationen hervorrufen.
- Tape in Haarwuchsrichtung, möglichst nah am Körper im Zug- und Gegenzugverfahren abziehen.
- Entfernen Sie das Tapematerial am besten unter der Dusche.
- Der Tape-Verband sollte ca. 20 bis 30 Minuten vor sportlichen Aktivitäten angelegt werden.
Wieviel kostet K-Taping als Behandlungsmethode?
Ein einzelnes Kinesio-Tape kostet etwa zwischen 10 und 13 Euro. Manchmal gibt es auch günstigere 3er-Packungen. Für die Selbstanwendung ist das ein überschaubarer Kostenpunkt, denn Medikamente sind oftmals teurer, können Nebenwirkungen haben und müssen zudem länger angewendet werden.
Die Kosten für eine professionelle Behandlung mit Kinesio-Tapes richten sich nach dem individuellen Schweregrad der Verletzung, der benötigten Menge an Tapes und natürlich nach der jeweiligen Preisliste der behandelnden Praxis. Für die gesetzlichen Krankenkassen fällt das Taping wie viele andere Heilmethoden unter Alternativmedizin, daher muss der Patient die Kosten für die Behandlung selbst tragen.
Bekommt man allerdings von seinem Arzt Kinesio-Taping im Rahmen von Krankengymnastik auf Rezept verschrieben, können sich die Preise für die Behandlungen auf bis zu ein Drittel des herkömmlichen Betrags reduzieren. Einige private Krankenkassen übernehmen zumindest einen Teil der Kosten, auch ohne Rezept.
Die Entscheidung für eine Behandlung mit Kinesio-Tape ist sehr individuell, von den jeweiligen Verletzungen abhängig und sollte im Vorhinein durchdacht werden. Wenn Sie unsicher sind, ist es in jedem Fall empfehlenswert, sich Rat bei Ihrem Hausarzt zu holen. Gibt er grünes Licht, lohnt sich ein Versuch der Behandlung in jedem Fall. Vielleicht gehören Sie zu den Menschen, die sich vom Erfolg der Tapes überzeugen lassen.